Udos Sci-Fi Blog

20211126-blog-scifi

Immer wieder lese ich in Kritiken und Rezensionen, dass Leser beim Lesen meiner Bücher – speziell meines jüngsten Werkes KAMPFENGEL – ein ganz spezielles Element vermissen, das ihnen signalisiert, dass es sich hierbei tatsächlich um Science Fiction handelt. 

Welches Element das ist oder sein könnte, wird leider niemals gesagt. Noch nicht einmal vage.

Das ist bedauerlich. Denn wüsste ich hierzu mehr und Genaueres, könnte ich ja möglicherweise Abhilfe schaffen. Was aber tun, wenn da ein Leser schreibt:

Dieser Roman ist … komisch, weil er mit Science Fiction irgendwie nur am Rande zu tun hat, obwohl sich alles auf anderen Planeten und in Raumschiffen abspielt, er dreht sich beinahe ausschließlich um Persönlichkeiten und deren ausführlicher Beschreibung und um einen “Helden”, der gar keiner ist (oder doch?). Das alles garniert mit einer Rahmenhandlung, die auch aus einem Grimms-Märchenbuch stammen könnte, es wird dort tatsächlich nach einen “holden Grisella” gesucht ….. alles recht merkwürdig geschildert, wie ich finde und der “Kampfengel” taucht nur als Rahmenfigur sporadisch auf, hat natürlich übernatürliche Kräfte und so eine Art “Tardis” als ultimatives Raumschiff (Innen größer als Außen).

Wenn man das liest, muss man den Eindruck gewinnen, dass für Science Fiction die Beschreibung von Persönlichkeiten ein Killer-Element sei.

Es wird mir vor Augen geführt, dass der Umstand, dass eine der Hauptfiguren die Marotte hat, ziemlich gestelzt daherzureden, wozu auch die Redensart, von der geraubten Geliebten als der ›holden Griselda‹ zu sprechen, zählt, manche Leser schlicht überfordert. Sie sind dann gerne der Ansicht, so würde in der Zukunft kein Schwein reden.

Wenn man dann noch liest, die Rahmenhandlung könne auch einem Märchenbuch der Gebrüder Grimm entsprungen sein und der ›sporadisch auftauchende Kampfengel natürlich übernatürliche Kräfte hat‹, dann ist man als Autor einigermaßen ratlos. Denn das Synonym einer Space Opera schlechthin, STAR WARS, lebt genau von dieser geradezu barocken Märchenhaftigkeit, die hier bemängelt wird. Und dann stelle man sich einen KAMPFENGEL vor, der sich von einem Normalsterblichen nur dadurch unterscheidet, dass man ihn eben KAMPFENGEL nennt …

Dann wird auch selbst eine Eigenschaft des Raumschiffs des Kampfengels, innen größer als außen zu sein, bemängelt – obwohl einem wohl ein solches mit dem Namen ›Tardis‹ schon begegnet zu sein scheint …

Bogbeitrag | Udo Kübler | Science Fiction Autor

Ganz ehrlich, Leute …

würde ich all das wirklich ernst nehmen, müsste ich verzweifeln und dürfte niemals mehr den Versuch unternehmen, eine Geschichte zu schreiben, die dem Genre Science Fiction zugeordnet werden kann.

Was mich allerdings tatsächlich etwas ratlos macht, ist der Umstand, dass Humor in diesem Genre wohl nach wie vor befremdlich wirkt. Da hilft auch kein Douglas Adams. Denn dessen abgefahrener Monty Python-Humor signalisiert dem Leser von der ersten bis zur letzten Zeile, dass hier Lachen Pflicht ist. Und wer dazu nicht bereit ist, darf gar nicht erst weiterlesen.

Mein etwas subtilerer Humor macht es dem Leser deutlich schwerer. Was er kurios findet, an welcher Stelle ihm ein Lächeln oder gar ein Grinsen über das Gesicht huscht oder wann ihm gar ein hörbarer Lacher entweicht, entscheidet er höchst selbst und sehr individuell. Das hat wohl eine gewisse Heimtücke, mit der nicht jeder SciFi-Leser umgehen kann.

Eine Zeitlang hatte ich auch die Vermutung, es könne irritierend sein, dass sich meine Charaktere gerne etwas lockerer im Tonfall unterhalten. Womit ich wohl auch recht hatte.

Muss Science Fiction immer ernst sein?

Denn was immer ich auch von Kollegen aus dem Genre Science Fiction zur Hand nehme, immer geht es ums Ganze. Was immer man darunter auch verstehen möchte. Klar ist allerdings, dass die Lage stets viel zu ernst ist, als dass man sie etwas lockerer sehen könnte. Stets tragen die handelnden Figuren auch viel zu viel Verantwortung, als dass ihnen mal zum Schmunzeln wäre. Und da sie zudem permanent unter brutalem Zeitdruck stehen, sind alle Äußerungen literarisch knapp und schlicht gehalten …

All das – die stets bis zur Unerträglichkeit angespannte Dramatik der Situation, der daraus resultierende zwanghafte Bierernst der Stimmung und die ewig gleichen Verhaltensmuster der Protagonisten (machtbewusst, führungsstark etc.) und ihre damit verbundene auf reine Sachlichkeit reduzierte Sprache – sind Elemente, die ich in meinen Büchern unbedingt vermeiden möchte.

Mir geht es vielmehr darum aufzuzeigen, dass die Dinge wohl auch in einer näheren oder ferneren Zukunft nicht viel anders ablaufen, wie hier und heute.

Warum sollten sie auch? Hat denn je eine der unzähligen Erfindungen der letzten zweihundert Jahre dazu geführt, dass Menschen sich knapper und ernsthafter ausgedrückt hätten? Haben uns denn nicht gerade die realen Astronauten immer wieder dargelegt, wie locker sie bei all der auf ihren Schultern liegenden Last der Verantwortung, trotz des ständigen Damoklesschwerts, jeden Moment scheitern zu können und dabei das Leben zu verlieren, geblieben sind?

Ich halte das für völlig normal. Denn niemand hat Bock darauf sich ständig wie ein ernsthafter unfehlbarer Held aufzuführen. Das wäre einfach Stress pur und völlig nervig. Und zu glauben, die Atmosphäre da draußen im All wäre permanent exotisch und gewissermaßen ein Perma-Kick, dem möchte ich gerne noch einmal den wunderbaren Satz meines Autoren-Idols Robert Sheckley ans Herz legen:

»Das Ungewöhnliche ist nur so lange ungewöhnlich, bis man sich daran gewöhnt hat.«

Und das geht meist schneller als uns selbst lieb ist. Sonst würden sich nicht so viele Menschen ständig langweilen und permanent nach neuen Kicks suchen. Was oft dazu führt, dass diese Menschen versuchen, diesen Kick beim Lesen zu bekommen. Durch permanente Gefahr, durch perfide Intrigen, skrupellose Bösewichte, gefährliche Umgebungen, exotische Situationen, brutale Gewalt oder gar puren Horror.

Vor diesem Hintergrund habe ich mich schon unzählige Male gefragt, warum ich für all diese ›Kicks‹ kein Faible habe. Und die Antwort darauf ist, glaube ich, weil mir einfach nie langweilig ist.

Kann das sein? Oder fehlt mir vielleicht doch das eine oder andere Gen, um ein normaler Mensch zu sein?

Wenn Sie Lust haben mir dazu Ihre ganz persönliche Meinung mitzuteilen, würd’ mich das ganz narrisch g’freien – wie der Wiener das so treffend sagt.

Herzlichst Ihr

Udo Kübler

Leave a Reply