»Oh Gott, nie und nimmer
war das eine Puppe!«
Eine Sexpuppe als Inbegriff einer ›neuen Natürlichkeit‹?
JONATHAN SIMPSON in der ultimativen Material World, in der du nie sicher bist, ob das was du siehst auch wirklich existiert. In der Geld & Macht ALLES und der Mensch NICHTS ist. Eine Welt, in der GINGER, die androide Sexpuppe der PLAYBOY Men’s Toys & Tools Inc., zum Sinnbild einer ›Neuen Natürlichkeit‹ avanciert, seine amerikanische Katholigkeit George W. VII., der Erzbischof von New Mexico, auf Mallorca für junge Männer deren Geschäftsreife zelebriert, Fake-Manager dafür sorgen, dass Celebrities unsterblich werden und du es geschafft hast, wenn du an der Börse gehandelt wirst.
Es ist der Vorabend der Apokalypse.Bis Zeus persönlich kommt und aufräumt, in diesem Saustall …
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„Seit langer Zeit einmal wieder unglaublich glücklich zu sein, war eine Sache. Und festzustellen, dass man mit einer reichlich anzüglich gekleideten Sexmaschine am helllichten Tag im Flur bei der Haustür stand, eine andere. Sie musste unbedingt aus dem Sichtfeld verschwinden. Die Frage war nur, wohin? In irgendeinen Schrank vielleicht? Vorausgesetzt, in einem Schrank wäre Platz für sie gewesen. Wie sah das denn aus? Klar, sagte sich Jonathan, sie war eine Puppe. Aber man sah es ihr in keiner Weise an. Sie war ein Bild von einer Frau! Wer stellt denn so etwas in einen Schrank?
Was aber dann? Sie einfach irgendwo hinsetzen? Nun ja, immer noch besser als der Schrank. Er sah sich vor seinem geistigen Auge mit seiner Freundin Mónica das Schlafzimmer betreten:
»Huuuch! Jonathan, um Gottes Willen, da sitzt eine Frau in unglaublich aufreizender Wäsche neben deinem Bett!«
»Ach, beachte sie einfach nicht, Schatz. Das ist nur GINGER, meine Sexpuppe.«
Ein Tritt in den Schritt und ein gut platzierter rechter Haken wäre das Mindeste, was dann folgen würde.“
Tags darauf hatte sich der Aktienwert Jonathan Simpsons annähernd versechsunddreißigfacht. Kaum eine Minute verging, ohne dass nicht ein weiteres Angebot hereingeflattert wäre.
Einfach jeder bewarb sich um eine Kooperation mit ihm. Man wollte ihn ausstatten, ihn beraten – in tausend Belangen –, ihm Beteiligungen anbieten, ihn als Testimonial verpflichten, die Rechte an seinen weiteren Aussagen und seinem bisherigen Leben kaufen, wollte ihn für diverse Shows verpflichten, bot ihm eigene Sendeplätze und eigene Formate im TV an, wollte ihn als Berater – für absolut jedes Thema der Welt, bot ihm Autos, Schiffe und Flugzeuge an und bedrängte ihn massiv, sich Immobilien anzuschauen, die seiner würdig seien.
Er hatte nicht den leisesten Schimmer, was gut und was nicht gut für ihn war in seiner momentanen Situation, und verspürte nicht den Hauch eines Verlangens, sich mit all diesen Dingen befassen zu müssen. Also betraute er das HAUS damit und versuchte stattdessen, mit sich selbst ins Reine zu kommen. Und damit hatte er weiß Gott alle Hände voll zu tun. Denn das Parkett, auf dem er nun tanzte, war für ihn absolut neu.
So neu, dass er sich langsam zu fragen begann, in welcher Welt er bisher gelebt hatte.
So machte das HAUS ihn darauf aufmerksam, dass es Unmengen von Neuigkeiten über ihn im NET gab. Und als er abwiegeln wollte, weil er zu wissen glaubte, um was für »Neuigkeiten« es sich dabei handelte, riet ihm das HAUS, sich einige Beiträge doch lieber genauer anzusehen.
Jonathan glaubte einfach nicht, was er da sah.
Da waren Aufnahmen von ihm auf Partys, Empfängen und Events, an die er sich beim besten Willen nicht erinnern konnte. Er sah sich mit Leuten verkehren, von denen er bisher noch nicht einmal geahnt hatte, dass es sie geben könnte. Er sah sich Interviews geben zu Themen, die ihm schlicht nicht bewusst gewesen waren. Und – er sah sich beim Sex mit Menschen, die ihm einfach nie begegnet waren!
Spätestens das ließ ihn vermuten, dass hier nicht alles mit rechten Dingen zugehen konnte.
Das HAUS klärte ihn darüber auf, dass es sich hier um die üblichen Celebrity-Fakes handelte. Und als Jonathan fragte, von welchen üblichen Fakes das HAUS spräche, antwortete dieses, es sei durchaus üblich, dass über Prominente jede Art von Fakes kursierten. Wobei Pornos das Erste seien, was gefakt würde. Eine regelrechte Auszeichnung dagegen sei der Umstand, dass es von ihm sogar Statements zu aktueller Tagespolitik gab. Denn die Tatsache, dass man sich die Mühe machte, derart »anspruchsvolle Inhalte« mit ihm in Verbindung zu bringen, zeige, dass man seiner Person tatsächlich eine beträchtliche Wichtigkeit und Langlebigkeit beizumessen bereit sei.
Eine Aussage, die ihn nicht wirklich trösten konnte.
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»Gelobt sei der große Gott, der uns das heilige Geld gab – und damit die Möglichkeit, etwas aus unserem Leben zu machen!«, rief enthusiastisch George W. VII., der im Zentrum des sich legenden Qualms stand, als sei er da schon seit ewigen Zeiten gestanden. »Gelobt sei Jesus Christus, unser Herr, der für uns am Kreuz gestorben ist, um uns die Möglichkeit eines guten Deals zu bewahren! Und gelobt sei der Heilige Geist, der in jedem unserer Geschäfte wohnt! Gesegnet sei Amerika, die Wiege derer, die an die Macht des Geldes glauben! Gesegnet sei die heilige amerikanische Kirche des katholischen Kapitalismus! Und gesegnet sei jeder, der glaubt wie wir und in unserem Sinne handelt!«
»Amen!«, tönte es von überall her, obwohl Jonathan sich des Gefühls nicht erwehren konnte, nur wenige aus dem weiten Rund hätten zu diesem »Amen« aktiv beigetragen.
»Also spricht George W., der erste Prophet in Gottes eigenem Land: Lasset uns bauen eine neue Welt. Eine Welt, in der jeder ein ehrliches Geschäft machen kann. Eine Welt, in der ein Mann ein Mann sein kann und sein Wort Gewicht hat. Eine Welt, in der die heiligen USA das Zentrum des Heils, der Macht und des Geldes sind. Auf dass die Welt sich daran erbaue und gesunde. Zu einem großen, allumfassenden Amerika der freien Menschen!«
»Amen!«
»Lasset uns beten! Großer Gott und Heiliger Vater, Du hast uns das heilige Geld gegeben und den Auftrag, damit gute Geschäfte zu machen. Auf dass wir es mehren, ohne nach einem weiteren Sinn zu fragen oder Zweifel zu hegen an der Richtigkeit unseres Tuns. Denn wäre nicht dieses Dein heiliger Wille, so hättest Du uns niemals den göttlichen Gedanken eines abstrakten Zahlungsmittels vermittelt. Vielen vor uns, die Deine darin verborgene Absicht nicht erkennen wollten, hast Du hinweggefegt. Weil sie es nicht wert waren, weiterhin auf diesem Planeten zu herrschen, da ihnen inhaltslose Philosophien und Reden um des Kaisers Bart wichtiger waren als ein gutes Geschäft zu Deiner Ehre. Und die ewig Gestrigen, die noch immer nicht erkennen wollen, was der wahre Sinn des Lebens ist, wirst Du ebenfalls von diesem Erdball tilgen. Nun, da Dein wahres Volk sich Dir offenbart hat. Nachdem es sich gefunden hat in dem Land, das schon immer Dein Land gewesen ist – und immer bleiben wird: Amerika, das Land der Tapferen und der Reichen. Amen.«
Was dich erwartet ...
Die ultimative ›Material World‹.
Ein kurzer Blick
hinter die Kulissen
Celebrities braucht keiner in echt. Denn Fake-Manager sorgen dafür, dass ihr Fake im TV echter rüberkommt, als sie es ja gekonnt hätten.
Die Welt am Vorabend der Apokalypse …
Der Gedanke hinterDas GINGER-Komplott
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»Was passiert, wenn du dein Leben nicht mehr selber kontrollierst?«
Spielt es eine Rolle, ob du selber gierig bist, wenn du längst ein Spielball äußerer Einflüsse geworden bist? In einer Welt, in der materielle Werte alles und Immaterielle nichts bedeuten, ist Idealismus endgültig zur Lachnummer verkommen. Oder etwa doch nicht?
Anders als in der realen Welt, in der man oft vergeblich darauf wartet, dass ein gütiger Gott Einsicht zeigt, ist ein Autor mitunter nicht gewillt, wirklich alles in die Tonne zu hauen …
Udo Kübler – Sci-Fi Autor & Storyteller