Düstere Gedanken beim Saturn
Es gab nichts zu beschönigen, seine Lage war hoffnungslos.
Jonathan Simpson saß verlassen in der Zentrale der »ALCÚDIA« und starrte blödsinnig auf den Panoramaschirm, auf dem nichts Besonderes zu sehen war. Noch nicht einmal das winzige Lichtpünktchen, das die Erde darstellte. Denn das war seit gestern hinter der Sonne verschwunden, und würde dort für circa drei Monate verschwunden bleiben.
Längst hätte er sich damit abgefunden, dass er die Erde niemals wiedersehen würde. Weder als blau funkelnden Planeten, noch als winziges Lichtpünktchen. Und schon gar nicht würde er sie jemals wieder betreten und dort atmen, leben und lieben. Denn seine Energiereserven hielten höchstens noch zwei, drei Tage.
Danach würden nach und nach fast alle Gerätschaften und Instrumente, die ihm überhaupt noch verblieben waren, den Dienst einstellen, weil die paar Quadratmeter Sonnensegel, die er noch hatte, nicht ausreichten, um wenigstens ein notwendiges Minimum an Energie zu produzieren. Eine gefühlte halbe Ewigkeit grübelte er nun schon darüber nach, ob diese Mission überhaupt jemals auch nur den Hauch einer Chance gehabt hatte, erfolgreich abgeschlossen zu werden. Und längst war er sich sicher, dass das nie der Fall gewesen war.
Ein fataler Fehler
Schon die Zusammensetzung der Crew war ein fataler Fehler gewesen.
Sie musste vor allem als politisch betrachtet werden und stellte darüber hinaus ein wahres Sammelsurium an Kompromissen dar. Dennoch hätte alles wunderbar klappen können, denn auch die Kompromisse hatten ausreichend Substanz, um der Mission dienlich sein zu können.
Letztlich war es ja fast egal gewesen, ob Irina Mandjukic den Posten der Geologin bekleidete oder Hannes Benner oder Björn Magnusson.
Jeder von ihnen war nicht nur von der Kompetenz her über alle Zweifel erhaben, sondern konnte mehr als ausreichend Erfahrung im All vorweisen. Und so verhielt es sich auch mit den Kandidaten für den Posten des Biologen, des Astronomen und des Bord-Ingenieurs.
Die Auswahl an geeigneten Kandidaten war mehr als ausreichend, sie war geradezu reichlich. Und dennoch hatte man dann zum Schluss genau die Kandidaten herausgepickt, die einfach überhaupt nicht zusammenpassten.
Peter Czech, Irina Mandjukic, Boris Krassnici, Chiara Sergiacomi und ihn, Jonathan Simpson, als Kommandant des Schiffs und als Leiter der Expedition. Auf den ersten Blick mag es als Problem erscheinen, dass hier drei Männer mit zwei Frauen für mehr als zwei Jahre auf sehr engem Raum und unter unvorhersehbaren Umständen zusammenleben sollten. Bei genauerem Hinsehen aber war das für solche Missionen völlig normal. Es ließ sich nämlich weder verhindern, noch sollte es verhindert werden, dass es zu gewissen Beziehungen kommen konnte.
Sex gegen Spannungen
Zahlreiche Modellversuche hatten immer wieder bestätigt, dass Spannungen aus persönlichen Beziehungen leichter abzubauen waren, wenn Sex dabei eine Rolle spielte.
Und, je offener die Besatzungen mit solchen Beziehungen umgingen, desto einfacher für alle. Das Problem in ihrem Falle allerdings war die Tatsache, dass Irina Mandjukic Slowenin war und Boris Krassnici Serbe.