Wenn man uns dereinst rufen wird

»Na, sind wir endlich reisefertig, Pilger?«

St. Peter’s Callin’ | Kurzgeschichte | Jonathan Simpson | Udo Kübler

Ist es das, was uns am Ende
unserer Tage einst erwarten wird?

Die einen sagen, man würde sich dereinst an der Himmelspforte wiederfinden, an der uns der heilige Petrus öffnen wird, wenn wir klopfen. Die anderen sagen, der heilige Petrus würde uns rufen, und dann müssten wir spuren …
Was aber, wenn wir kein Bock haben zu klopfen oder zu spuren, wenn man uns ruft? Lässt man uns dann einfach draußen oder am Straßenrand stehen? Oder kommt da dieser kleine weiße Van und sammelt uns ein?
Und was, wenn wir gar kein Christ sind? Oder Moslem? Oder an rein gar nichts glauben?

Jonathan Simpson hatte als Protagonist damit eigentlich überhaupt nicht gerechnet. Nachdem man ihn aber nun mal gerufen hat …

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»Jonathan Simpson! Ich rufe dich, Jonathan Simpson!« Die Stimme kam von überall her und war wie Donnergrollen. »Jonathan Simpson! Wo bleibst du, Jonathan Simpson?« Das ganze Universum schien widerzuhallen von dieser gewaltigen Stimme. »Jonathan Simpson, Himmelherrgott …!«

Von Petrus geweckt?

Jonathan Simpson schreckte in seinem Bett hoch. Was, zum Teufel, war denn los? Hatte er geträumt, oder hatte ihn da tatsächlich irgendwer gerufen? Hektisch blickte er sich um. Zumindest hier im Schlafzimmer war er wohl allein. Draußen war schon heller Tag. Nein, das war wohl ganz sicher nur ein Traum gewesen …

»Jonathan Simpson! Was ist los mit dir, Jonathan Simpson? Brauchst du eine extra Einladung, oder was?«, donnerte da die Stimme wieder los. Diesmal aber war es kein wirkliches Donnergrollen, sondern nur einfach verdammt laut. Und es kam eindeutig von unten, von der Straße.

Jonathan sprang schlaftrunken aus dem Bett und beeilte sich, auf die Terrasse vor dem Schlafzimmer zu kommen. Ja, direkt vor der Grundstückstür hatte ein kleiner, weißer Van geparkt, der irgendeine Beschriftung an der Seite hatte, die er aber von hier aus nicht entziffern konnte.
»Was ist? Hat mich jemand gerufen?« Er beugte sich an der Seite zur Haustür etwas über die Brüstung der Terrasse, konnte aber niemand erkennen.

»Sind Sie Jonathan Simpson?«, kam die Antwort von unten. Der Kerl stand natürlich unter dem kleinen Vordach über der Eingangstür und war somit von oben nicht zu sehen.
»Ja, der bin ich. Aber könnten Sie vielleicht mal etwas weniger laut hier rumbrüllen, Mann? Sie machen mir ja die ganze Gegend durcheinander.«
Von unten kam ein trockenes Lachen. »Da machen Sie sich mal keine Sorgen, mein Lieber. Machen Sie lieber, dass Sie runterkommen. Wir haben ja nicht ewig Zeit, oder?«
»Um was geht es denn, wenn ich mal höflich fragen darf?« Der Typ unten führte sich ja mächtig auf. »Sind Sie von der Polizei?«

Erneut lachte der Kerl trocken auf. »Wenn Sie endlich Ihren Arsch hier herunterbekämen, dann würde uns das ja vielleicht beide weiterbringen, Mann. Machen Sie also hin!«
Zwar ging Jonathan die Sache ganz gewaltig gegen den Strich, aber irgendwie schien sie von einer gewissen Dringlichkeit zu sein. »Kleinen Moment, bitte«, rief er deshalb über die Schulter, als er wieder ins Haus ging. »Ziehe mir nur schnell etwas an.«
»Nicht nötig, Kumpel. Machen Sie nur, dass Sie endlich runterkommen.«

›Na gut, dann eben nicht‹, dachte Jonathan bei sich und war auch irgendwie erleichtert. Scheinbar ging es nur darum etwas zu unterschreiben, oder so. War wohl ein Paket-Service, der eine Sendung zustellte. Aber so früh schon? Er blickte automatisch auf die Uhr an seinem Handgelenk. Die schien allerdings stehen geblieben zu sein. Zwanzig nach Fünf konnte einfach nicht stimmen. Um diese Zeit war auf Mallorca noch tiefe Nacht. Auch jetzt im Sommer. Oder war etwa schon …? Er warf noch einmal einen prüfenden Blick nach draußen. Nein, das sah absolut nach sehr frühem Morgen aus. Nachmittage – zumal spätere – kamen ganz anders daher. Er schnappte sich seine Jeans und zog sie über die Shorts. So viel Zeit musste einfach sein.

St. Peter’s Callin’

Als er endlich unten die Tür aufschloss und öffnete, war er dann doch überrascht. Vor ihm stand ein recht unscheinbares Männlein, dem man eine Stimme wie bisher gehört, niemals zugetraut hätte. Es war wohl mit Mühe Eins siebenundsiebzig groß, eher hager und trug weiße Jeans und ein schwarz beschriftetes, weißes T-Shirt. »St. Peter’s Callin’«, stand da etwas schnörkelig.

»Na, sind wir endlich reisefertig, Pilger?«, grinste das Männlein und machte Anstalten sich umzudrehen und zu gehen.
»Wie? Was?«, stammelte Jonathan verwirrt. »Wieso reisefertig? Ich meine, …« Und damit ging ihm der Wortschatz aus.
»Na, du bist ja lustig, Kumpel«, der Schmächtige drehte sich wieder zu ihm um und zeigte auf die Beschriftung seines T-Shirts. »Kannste lesen, oder muss ich’s dir vorlesen?«
Jonathan spürte, wie es ihm den Hals zuschnürte. Obwohl er noch immer nicht kapierte, was los war.

»Pass auf, Mann«, sagte das Männlein und fummelte dabei etwas verlegen an seiner Sonnenbrille herum. »Es ist normal, dass man etwas überrascht ist, wenn ich auftauche. Trotzdem …« Er machte eine bedauernde Geste und bat ihn dann etwas übertrieben, ihm vorauszugehen.
Die Erkenntnis traf Jonathan wie ein Blitz.
Das war er also, dieser Moment, dem keiner entfliehen konnte! Das Ende seines Lebens! Das Ende von ALLEM!

Was dich erwartet ...

Sitzt da wirklich John Malkovich am Steuer des Cadillac?

Ein kurzer Blick
hinter die Kulissen

Was, wenn du dir diesen St. Peter mal genauer anschaust und dir plötzlich auffällt, dass der genau aussieht wie Peter Caprano?
Was heißt, Sie wissen gar nicht wer das sein soll? Sie müssen ja nicht jeden kennen. Aber Peter Caprano …?
Andererseits: Muss es gleich Geoge Clooney sein, nur weil John Malkovich am Steuer sitzt …?

Handlung
30%
Humor
90%
Erotik
20%

Der Gedanke hinter
St. Peter’s Callin‘

Udo Kübler | Featured Image | Startseite | Sci-Fi Autor und Storyteller Udo Kübler

Ist doch nett, wenn man den einen oder
anderen Gedanken mal weiter denkt, oder?

Immer wieder begegnet mir dieses »When St. Peter’s Callin’« in vielen Songtexten angelsächsischer Bands und Sänger. Und dann geht eben einfach plötzlich mal dieses Kopfkino los. Mit all seinen Konsequenzen …

Denn, dass es mit dem Rufen und dem Hören dieses Rufens noch nicht getan ist, versteht sich ja von selbst …

Signatur | Jonathan Simpson | Udo Kübler

Udo Kübler – Sci-Fi Autor & Storyteller